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Quaakpack - Kalydikia

Klein-Kalydikia


 
Quaak zusammen, Ihr kennt mich ja jetzt, ich bins, Euer Professor!
 
Weil ich mittags nicht mehr rein konnte ins Haus und an den Läpptopp, hab ich bis abends warten müssen. Jetzt sitzt mein Mensch vor seinem Fernseher und ist beschäftigt - wenigstens eine Zeit lang.
 
Von Gonzo wisst Ihr ja jetzt schon so einiges, naja, eigentlich auch wieder nicht so viel, aber mein kleiner Schnabel kann halt nicht so schnell tippen.
 
Heut will ich mal ein wenig von Kalydikia erzählen. Und ich sag’s Euch gleich, das ist eine traurige Geschichte (auch wenn sie ganz am Ende gut ausging, keine Sorge), also nix für schwache Nerven.

 
Kalydikia hatte es lang nicht so schön wie Gonzo, schon als Ei erging es ihr, na sagen wir, merkwürdig. Als sie das erste Mal hören konnte, so hat sie mir erzählt, war um sie herum nur so ein Summen oder Rauschen. Kein Quaaken und Raunzen von Mutter Ente wie bei uns anderen, keine geflüsterten Geschichten.
Von weit weg konnte sie manchmal ein schwaches Piepen hören; in der ersten Zeit war sie sich aber nicht mal darüber ganz sicher.
 
Von Zeit zu Zeit gab es ein grosses Gerumpel, und ihr Ei hat sich auf die andere Seite gedreht. Als das Gepiepse dann um sie herum lauter wurde, hat sie natürlich versucht aus ihrem Ei heraus zu kommen, das war gar nicht so einfach.
Kaum war es einigermassen geschafft (sie lag noch ganz fertig und keuchend neben den Schalen) da wurde es plötzlich furchtbar hell, ein grosser Greifer hat sie gepackt und in eine Kiste gesetzt, mit einem riesigen roten Licht unter der Decke.
 
Ein paar andere waren auch schon da und haben sich in eine Ecke gedrückt und gezittert, halb aus Angst und halb vor Kälte. Mit der Zeit wurden es dann immer mehr, und dann hat einer entdeckt, dass in einer Schale in der Mitte was zu futtern war, und auch zu trinken gabs in einer Ecke.
 
Nur zum Spielen gabs nichts, keine Grashalme, keine Fliegetiere, kein Wasser zum Paddeln. Aber es wusste eh keiner, dass es so was überhaupt gab, genau so wenig wie irgendjemand gedacht hätte, dass es so was wie eine grosse Ente gibt, in deren Federn man sich kuscheln oder verstecken könnte.
 
Immer hat das grosse rote Licht gebrannt, und ab und zu hat der schreckliche grosse Greifer neues Futter hingestellt. Weil nichts anderes zu tun war, haben alle die meiste Zeit aneinander gekuschelt gepennt, ab und zu was gefressen und getrunken. Das ging eine lange Zeit so, und eigentlich dachten alle, es würd für immer so bleiben.
Blieb es aber nicht. Eines Tages kann man fast nicht sagen - es wusst ja keiner was ein "Tag" oder eine "Nacht" ist, also einfach plötzlich kam der grosse Greifer, der zu einem noch grösseren Ding gehörte, und packte sie alle. Da half alles Schreien und Zappeln nichts, und verstecken war sowieso unmöglich.
 
Alle kamen in eine Kiste, furchtbar eng war es und alle haben geschrien und gewimmert. Dann kam auf die Kiste noch eine Kiste, noch mehr Geschrei und Gedränge und Getrampel. Das Ganze wackelte und rumpelte, und sowieso dachten alle längst, ihr letztes Stündlein hätte geschlagen.
 
Aber weit gefehlt, es hat zwar eine Ewigkeit gedauert, aber dann hörte das Rumpeln und Schwanken wieder auf, es wurde wieder heller, die obere Kiste wurde weggenommen. Alle haben versucht, wieder ordentlich Luft zu bekommen, da ging das Krakeele wieder los und die aus den äusseren Reihen drängten nach innen, Kalydikia, die ziemlich in der Mitte gewesen war, wurde nach aussen geschubst und musste mit Grausen feststellen, dass sie von lauter Riesendingern umgeben waren (später hat sie dann erfahren, dass die Monster sich "Menschen" nannten). Die grossen kamen mal näher, gingen wieder weg, griffen sich auch schon mal einen von Kalydikias Freunden um ihn genau anzusehen, da half alles Gezeter nichts.
 
Manchmal wurden auch mehrere aus der Kiste gezogen, die dann in einem Karton verschwanden. Die Reihen lichteten sich zusehends, und als fast alle von Kalydikias Bekannten verschwunden waren, wurde die Kiste auf einmal wieder mit Leidensgenossen aus einem anderen Karton aufgefüllt.
 
Einmal kam ein schreckliches grosses Teil vorbei, mit fürchterlichen Zähnen und einer grossen Nase. Es stank furchtbar aus dem Maul, und kam ganz nah heran, als ob es Appetit auf einen kleinen Entenhappen hätte. Alle versuchten natürlich, so weit wie möglich von diesem Ungeheuer weg zu kommen, aber es war ja kein Platz, und ausser jämmerlich zu Piepen konnte man nichts tun.
 
Und dann kam es, wie es kommen musste; einer der grossen Greifer packte Kalydikia und zwei unbekannte Leidensgenossen aus der anderen Kiste, und alle drei verschwanden in einem Karton.
 
Ich denk, ich grusel Euch jetzt nicht mehr mit weiteren Einzelheiten. Wie sich die drei (und die vielen anderen aus den Kisten) gefühlt haben, das könnt Ihr Euch sicher selber vorstellen. Die Menschen sagen immer, den Tieren macht das nichts aus, die können das ab. Aber wenn man sie selbst in eine Kiste sperren würde, das würde ihnen sicher gar nicht gefallen, das Geplärre möchte ich mal hören!
Als alles gelaufen war, fanden sich die drei in einen grauen, staubigen Verschlag wieder. Kein warmes, rotes Licht mehr. Keine Bekannten mehr, mit denen man sich zu einem Haufen zusammen kuscheln konnte.
Die drei drückten sich mit schlotternden Knien so weit es ging in eine Ecke, und auch als der Verschlag geöffnet wurde und ein grosser Greifer eine Schüssel mit Futter hineinstellte, traute sich keiner vor.
 
Das blieb zwei Tage so, einmal hat sie der grosse Mensch mit Gewalt aus dem Verschlag heraus getrieben; aber draussen war alles noch viel furchtbarer, man konnte sich nirgends verstecken, und alle schrien jämmerlich bis sie wieder zurück in ihre Kiste durften.
Als alle schon ganz schwach waren, beschloss Kalydikia ihren ganzen Mut zusammen zu nehmen, so konnte es einfach nicht weitergehen. Vorsichtig probierte sie von dem Futter aus der Schüssel. Es war zwar lang nicht so gut wie die Körnchen, die sie unter der roten Sonne bekommen hatten, aber der Bauch wurde voll davon, und der ängstliche Knödel, der zuvor vom Hals bis zum Magen gereicht hatte, schien ein wenig zu schrumpfen.
Es brauchte ihre ganze Überzeugungskraft, die anderen beiden dazu zu überreden auch was zu essen, aber schliesslich waren alle Bäuche gefüllt, und in eine Ecke gedrängt schliefen die drei ein.
 
Für heut hab ich genug von Kalydikia erzählt, glaub ich. Wenn man sie heute sieht, eine prächtige Ente, mit den schönsten glänzenden Federn die Ihr Euch nur vorstellen könnt, und schwarzen Knopfaugen, von denen sich die Erpel vom Äquator bis an den Polarkreis abends erzählen, dann kann man kaum glauben wie es ihr damals ergangen ist.
Wie es mit ihr weiterging, wie sie von ihrem ersten Menschen abgehauen ist, Gonzo und die anderen gefunden hat und was die beiden zusammen alles erlebt haben, davon mehr, wenn mir mein armer Schnabel vom Tippen nicht mehr so weh tut.
 
Draussen ist das Wetter schlecht, und gepennt hab ich auch nicht gut heut nacht. Der Mensch hat mein Stroh schon wieder eine Woche lang nicht gewechselt, es ist kalt und feucht in meiner Hütte. Mein Mensch ist ja eigentlich ganz nett, aber manchmal ist er ein richtiger Schussel.
Im Winter, wenn alles gefroren ist, dann ist es nicht soo schlimm. Aber zur Zeit ist es eklig, und die Feuchtigkeit kriecht mir in die alten Knochen. Wenn Ihr das lest, dann überlegt mal, wann Ihr Euren Enten zum letzten Mal frisch eingestreut habt. Kein schlechtes Gewissen?
Dann bin ich beruhigt - ich weiss ja, dass es auch ganz gute Menschen gibt!
 
Euer
Professor Samo
 

Story: Bjoern Clauss   -   Illustration: Helene Towers
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